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Gelesen und abgeschrieben - Junge Welt 28.10.2022 - Teil 4

07. 11. 2022

Mit offizieller Zustimmung der Redaktion der Jungen Welt veröffentlichen wir den Artikel in 4 Folgen:

 

Gegen die Wand – in 4 Thesen

Thesen zur Situation der Linkspartei Ende Oktober 2022

Junge Welt 28.10.2022 von Ekkehard Lieberam

 

These 4: Das Projekt PDS/Die Linke als hoffnungsvoller Anlauf zu einer linkssozialistischen Partei mit Masseneinfluss ist fehlgeschlagen. Über Konsequenzen muss nachgedacht werden.

Es geht unter Linken heute keineswegs nur um eine linke Wahlalternative. Es geht vor allem um eine zu schaffende linke Partei, die in der Lage ist, anhaltend der Integrationskraft des Parteienstaates zu widerstehen und Gegenmacht aufzubauen und auszuweiten. Nach den Erfahrungen mit PDS und Linkspartei, die beide nach wenigen Jahren ihrer Existenz mittels der enormen Integrationskraft von Parlamentarismus und Parteienstaat politisch gezähmt werden konnten, stellt sich mit neuer Schärfe die Frage, wie denn eine linke Partei beschaffen sein muss, die dem zu widerstehen vermag.

Im Zuge des politischen Kampfes gegen das Unrecht des Anschlusses der DDR an die Bundesrepublik war mit der PDS eine Partei entstanden, in der Kommunisten und Sozialisten verschiedener Schattierungen sowie engagierte Gewerkschaftslinke im Interesse der von diesem Unrecht Betroffenen und überhaupt der Lohnarbeiter und aller Prekarisierten linke Politik machen wollten. Die PDS zog zunächst als Gruppe und dann als Fraktion in den Bundestag ein. Nach fast vier Jahrzehnten gab es im Bundestag wieder eine Partei, die den Klassengegensatz und die Militarisierung der Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland thematisierte.

Mit der Widerstandsbewegung gegen die »Agenda 2010«, der Gründung der Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG) und der Konstituierung der Linkspartei wurde daraus in den Jahren 2005 ff. eine linke gesamtdeutsche Partei mit Masseneinfluss und beachtlichem Wirkungsgrad auch in den Gewerkschaften. Bei den Bundestagswahlen 2009 erhielt sie mit 5.155.933 Zweitstimmen immerhin mehr als die Hälfte der Stimmen, die die SPD auf sich vereinen konnte (9.990.488).

Weder PDS noch Die Linke waren jemals marxistische Parteien, vertraten jedoch in ihren Programmen im Zusammenhang mit der Eigentums- und Machtfrage einige wichtige marxistische Grundsätze. In beiden Parteien erlangten nach wenigen Jahren die Regierungslinken, also diejenigen, die diese Grundsätze abschaffen wollten, die Oberhand. Das dauerte bei beiden Parteien etwa fünf Jahre. Dann folgte die sukzessive Einordnung in den Politikbetrieb – ideologisch und politisch. Begleitet wurde dies vom wahlpolitischen Niedergang. Mit »Erfurt« bekam beides eine neue Qualität.

Erstaunlich ist, dass über die Ursachen dieser Entwicklungen nie ernsthaft diskutiert wurde. Statt dessen wird über Streitigkeiten, über Hass, Geltungssucht usw. geredet. Die Besonderheit linker Parteien gegenüber linken Vereinen und anderen Gruppen bleibt unbeachtet. Der Blick auf die besonderen Ursachen für die Domestizierung linker Parteien (die Rolle von Finanzierung und Ämterpatronage im Politikbetrieb) entschleiert offenbar Machtstrukturen in einer Weise, dass man darüber lieber schweigt.

Karl Marx und Friedrich Engels haben bereits 1848 über den parlamentarischen Kretinismus geklagt. Rosa Luxemburg und Wladimir I. Lenin haben Zutreffendes über den Zusammenhang von Parlamentarismus und Opportunismus geschrieben. Eine überzeugende Theorie über die Ursachen der Transformation linker, systemoppositioneller Parteien hat Wolfgang Abendroth, Professor für Politikwissenschaft an der Universität Marburg, in den 1960er Jahren in seiner Monographie »Aufstieg und Niedergang der deutschen Sozialdemokratie« vorgelegt. Abendroths Erklärung lautet: In jeder linken Partei bildet sich, abhängig von ihren Wahlerfolgen, eine Sozialschicht von Parlamentariern und Parteiarbeitern heraus, die von der Partei lebt. Sie entwickelt gegenüber den Interessen der Lohnarbeiter eigene politische Interessen. Diese Sozialschicht dominiert alsbald die Partei. Sie ist der soziale Träger von Integrationsideologie. Sie strebt nach immer mehr Ämterpatronage. Politische Intelligenz ist nicht ihre Sache.

Nach der Gründung des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins (ADAV) 1863 unter Ferdinand Lassalle hat es ganze 51 Jahre gedauert, bis die SPD-Reichstagsfraktion 1914 den Kriegskrediten zustimmte und sozialistische Ideale über Bord warf. Heute braucht es dafür nur wenige Jahre.

Die enorme Integrationskraft von Parlamentarismus und Parteienstaat heute macht das möglich (natürlich auch die marxistischen Defizite der Partei). Erfolgreiche systemoppositionelle Parteien werden schnell zu mächtigen Apparaten im Politikbetrieb. Sie können Ämter in Parlamenten, im Staat und in der Verwaltung vergeben. Für Wahlkämpfe, parlamentarische Tätigkeit, politische Bildungsarbeit und parteinahe Stiftungen erhalten sie eine Menge Geld (die Linkspartei im Jahr 2021 geschätzt etwa 150 Millionen Euro). Personen der Sozialschicht, die von der Partei leben, summieren sich auf einige tausend. Sie dominieren die Parteitage und halten die meisten Parteiämter besetzt.

Die Geschichte von PDS und Linkspartei hat deutlich gemacht, dass gegen die sukzessive Einordnung linker Parteien in den etablierten Politikbetrieb die innerparteiliche Demokratie wenig hilft. Ein praktisches Beispiel, wie dem alsbald übermächtigen politischen Einfluss der Sozialschicht von Berufspolitikern anhaltend entgegengewirkt werden kann, gibt es bisher auch international nicht.

Die Frage, wie denn eine Klassenpartei der Lohnarbeiter mit Masseneinfluss beschaffen sein muss, die dauerhaft der Integration durch Parlamentarismus und Parteienstaat zu widerstehen vermag, muss gerade deswegen gründlich diskutiert und zum Teil wohl auch neu beantwortet werden. Dazu gehört nicht zuletzt die Auswertung von entsprechenden Erkenntnissen in anderen kapitalistischen Ländern. So besagen die Erfahrungen der erfolgreichen marxistischen Partei der Arbeit Belgiens, dass der systemoppositonelle Charakter einer linken Partei marxistische Prinzipientreue und eine enge Verbindung zur Lohnarbeiterklasse ebenso verlangt wie die Wahrnehmung sozialer Aufgaben im Interesse der Prekarisierten aller subalternen Klassen (in Belgien auf dem Gebiet des Gesundheitswesens). Zumindest in einem Punkt kann man dabei auch von der Kommunistischen Partei Österreichs in Graz lernen, deren Mitglieder im Falle der Übernahme von staatlichen Ämtern das Gehalt eines Facharbeiters erhalten und der darüber hinausgehende Teil in einen Sozialfonds fließt.

 

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