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100 Jahre 8. März

Der Frauentag ist doch ein Rudiment aus DDR-Zeiten. Außerdem haben wir schon den Valentinstag und den Muttertag, um die Frauen zu ehren. „Spätgeborene“ wissen mit dem Begriff nichts mehr anzufangen.

Diese Argumente sind pauschal, historisch unkorrekt und nicht stichhaltig. Es bedarf einer genauen Betrachtung der Entstehung und des geschichtliche Zusammenhanges. Leider unterziehen sich viele Menschen in der heutigen, schnelllebigen, digitalen Zeit, nicht mehr diesen eigenen Anstrengungen und beziehen sich lieber auf Schlagwörter und verlassen sich auf die Boulevardpresse.

Um es vorweg zu nehmen: Die Leistungen der Frauen, die den täglichen Spagat zwischen Beruf und Familie in Einklang bringen sollen, können wir Männer nicht hoch genug würdigen. Dazu ist der Frauentag nur eine von vielen Möglichkeiten, um einen großen Dank zu sagen, eigentlich sollten wir jeden Tag im Jahr diesen Dank wiederholen.

Vor genau 110 Jahren wurde der erste Frauentag am 19. März 1911 in Dänemark, Österreich, Deutschland der Schweiz und in den USA mit Demonstrationen für mehr Frauenrechte begangen. Er geht auf einen Vorschlag der deutschen Sozialistin Clara Zetkin an die II. Internationale Frauenkonferenz (1910 in Kopenhagen) zurück. Die Daten wechselten dann bis 1921 immer zwischen Ende Februar und Ende April. 1921 wurde auf Vorschlag der kommunistischen Frauenkonferenz der 8. März festgelegt. Viele Frauenorganisationen konnten sich über ideologische Vorurteile hinweg diesem Vorschlag anschließen.

In Gedenken an den 08. März 1908, als 129 Arbeiterinnen einer Textilfabrik in Manhattan (New York) in den Streik traten, um für bessere Arbeits- und Lebensbedingungen zu kämpfen, wurde dieser Tag gewählt. Der Unternehmer ließ die Frauen in der Fabrik einschließen, damit ein Übergreifen auf andere Betriebe verhindert werden sollte. Aus nie geklärten Gründen ging diese Fabrik in Flammen auf und mehr als hundert Frauen starben den Feuertod. Das löste eine Welle der Empörung aus. Ein Jahr später (1909) gab es den ersten nationalen Frauenkampftag.

Zentrale Forderungen der Frauen waren: Ächtung jedes imperialistischen Krieges, Arbeitsschutzgesetze, Wahl-und Stimmrecht für Frauen, gleicher Lohn für gleiche Arbeit, der Achtstundentag, ausreichender Mütter- und Kinderschutz, Festsetzung von Mindestlöhnen. Einige Forderungen sind im Jahrzehnte langen Kampf um Gleichberechtigung erfüllt worden, andere sind auch heute noch aktuell.

Obwohl im Grundgesetz der Bundesrepublik in Artikel 3, Absatz 2 steht: „ Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“ Wenn Frauen in Deutschland immer noch ca. 20% weniger verdienen als die Männer und mit dieser Diskrepanz den vorletzten Platz von 27 EU- Ländern einnimmt, dann ist dies für Deutschland im 21. Jahrhundert kein Ruhmesblatt. Schon deshalb gebietet der Frauentag zeitgemäß und mit Nachdruck daran zu erinnern.

Während das aktive und passive Wahlrecht der Frauen durch die Novemberrevolution 1918 errungen wurde, war die Gleichstellung und Gleichberechtigung noch lange nicht erreicht. Zur Zeit der NS- Herrschaft von 1933- 1945 gab es ein Verbot für den Frauentag, alternativ wurde der Muttertag ausgerufen. Die Frauen sollten, wie im Kaiserreich, zurück an den Herd und dem Führer möglichst viele Kinder/ Soldaten „schenken“. Also die 3 „K-Formel“, Kinder, Kirche, Küche, kam erneut zur Geltung.

Nach dem II. Weltkrieg beging Ost und West den 8. März recht unterschiedlich. Im Osten wurde am Frauentag ab 1946 die errungene Befreiung und Gleichberechtigung der Frau mit Prämien, Auszeichnungen, Blumen und gemeinsamen Feiern begangen. Im Westen blieb er, erstmals von der Sozialdemokraten wieder belebt, nur eine Randerscheinung. Erst mit der neuen Frauenbewegung Ende der 60er Jahre gewann er, wie in ganz Westeuropa, wieder an Bedeutung. In den 90er Jahren des 20 Jahrhunderts wurde der kämpferische Charakter des Frauentages erneut zum Symbol für die Gleichberechtigung der Frauen weltweit.

Inzwischen ist der Internationale Frauentag ein etablierter Gedenk- und Aktionstag in über 150 Ländern. Auch wenn in Deutschland viele Forderungen der Frauen, die vor 100 Jahren auf die Straße gingen und gegen ihre Unterdrückung protestierten, heute erfüllt sind, dürfen wir nicht vergessen, dass in zahlreichen Ländern Afrikas und Asien ein selbstbestimmtes, gleichberechtigtes und freiheitliches Leben für viele Frauen nicht gewährleistet ist.

Die Frauen, die uns das Leben schenken, zu ehren ist immer zeitgemäß, nicht nur am Frauentag.

 

Thomas Friedel

 

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„Wäre Gift so häufig mit Zucker vermischt wie Falschheit mit Freundlichkeit, so gäbe es keine Überbevölkerung“ 

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