130 JAHRE 1. MAI - Vom Kampftag zum Feiertag? - Teil 3
Die Bedeutung und die wechselvolle Geschichte des 1. Mai in den vergangenen 130 Jahren lässt sich nicht nur aus der unterschiedlichen Bezeichnung dieses Tages ableiten, sondern bedarf auch einer genaueren historischen Betrachtung.
1945 bis zur Gegenwart
1945 konnten an einigen von den alliierten Streitkräften bereits besetzten Orten die ersten freien Maifeiern sei 13 Jahren stattfinden. Diese wurden organisiert von überlebenden Sozialdemokraten, Kommunisten und Gewerkschaftlern. Diese Feiern fanden nur in kleinem Rahmen statt, denn die meisten Deutschen hatten andere Sorgen und Probleme, als an Demonstrationen oder gar Streiks teil zu nehmen, die die Alliierten ohnehin nicht erlaubt hätten. Die Menschen kämpften um das nackte Überleben, hungerten, hausten in Trümmern, suchten Angehörige.
Noch gab es aber an vielen Orten Kampfhandlungen, da die Wehrmacht nicht kapituliert hatte. In der Nacht vom 06.05. zum 07.05 1945 wurde in Reims (Frankreich) durch Generaloberst Alfred Jodl die Kapitulation unterschrieben. Eine Teilkapitulation wurde vom amerikanischen Oberbefehlshaber Dwight D. Eisenhower abgewiesen und entsprach dem Abkommen von Jalta (04.02. bis 11.02.1945). Am 08.05.1945 gegen 23.00 Uhr, unterzeichneten Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel für das Oberkommando der Wehrmacht und die anderen Befehlshaber des Heeres, der Luftwaffe und der Kriegsmarine für Deutschland die bedingungslose Kapitulation gegenüber der Sowjetunion, unter G.K. Shukow, in Berlin- Karlshorst. Damit endete nach 6 Jahren der 2. Weltkrieg in Europa. Die Folgen dieses größenwahnsinnigen Eroberungs-, Vernichtungs- und Rassenkrieges durch das faschistische Naziregime waren 60 - 70 Millionen Tote, darunter ca. 25. Mio. Sowjetbürger, 6 Mio. Juden und 5,5 Mio. Deutsche, Flucht, Vertreibung, unsägliches menschliches Leid und ein besetztes, fremdregiertes Deutschland.
Im April 1946 bestätigte der Alliierte Kontrollrat den 1. Mai als gesetzlichen Feiertag. Dennoch trauten die Besatzungsmächte den Deutschen noch nicht hundertprozentig. So durften auf Anordnung der amerikanischen Militärverwaltung bei den Umzügen keine Fahnen und Transparente mitgeführt werden. In einem Punkt glichen sich die Umzüge in Ost- und Westdeutschland: Männer in den Altersgruppen zwischen 20 und 40 fehlten fast völlig. Wer nicht tot oder verwundet war, befand sich in Kriegsgefangenschaft oder irrte auf der Suche nach Angehörigen quer durch Deutschland.
Der 1. Mai war seit Verabschiedung der ersten Verfassung der DDR 1949 staatlich garantierter Feiertag. Am 1. Mai 1951 zog man vom Berliner Lustgarten auf den einstigen Schlossplatz, der inzwischen den Namen von Marx und Engels erhalten hatte und von nun an zum zentralen Kundgebungsplatz wurde. Durch die Umgestaltung des Zentrums von Berlin (Ost) in den 60 er Jahren etablierte sich die Karl- Marx- Allee für den zentralen Maifeierfestumzug in Berlin bis 1990. Im Rückblick wird ein Teil der Bürger die Maikundgebungen als staatlich verordnetes Ritual der Partei- und Staatsführung der DDR, die eine Verbesserung ihrer Legitimation anstrebte, werten, einem anderen Teil war es einfach ein Bedürfnis mit seiner Präsenz seine Verbundenheit mit dem alternativen sozialistischen System zu zeigen und für Frieden und Völkerverständigung auf die Straße zu gehen. Die Maidemonstrationen am Ende der 80erJahre konnten allerdings nicht mehr über die zunehmende Entfremdung zwischen Führung und Volk hinwegtäuschen.
Seit Gründung des Deutschen Gewerkschaftsbundes(DGB) 1949 in der BRD zeichnete der Bundesvorstand für die Maifeiern verantwortlich und beschloss Maiaufrufe und die zentralen Maiparolen. Ab 1951 begründete er die Tradition, die politischen Kundgebungen mit kulturellen Veranstaltungen zu umrahmen. Aber auch die Kulturveranstaltungen und die mediale Präsenz konnten nicht verhindern, dass in den 50 er und 70 er Jahren des 20. Jahrhunderts sich ein deutlicher Trend zu sinkenden Teilnehmerzahlen einstellte. Selbst die Gewerkschaftsmitglieder begriffen den 1. Mai zunehmend weniger als Kampf- oder Feiertag der Arbeit, sondern vielmehr als Angebot zur individuellen Freizeitgestaltung.
Die Frage, ob der 1. Mai als Volksfest, Kampftag oder Feiertag zu begehen und zu gestalten sei, wurde kurzzeitig durch die Ereignisse im Herbst 1989 in der DDR in den Hintergrund gedrängt. Der damalige DGB-Vorsitzende Ernst Breit hielt 1990 vor dem Berliner Reichstag die erste gewerkschaftliche Mai-Rede an ein gesamtdeutsches Publikum seit 1932. Zugleich handelte es sich um den 100. Jahrestag des 1. Mai, eine wahrhaft historische Situation vor entsprechender Kulisse.
Auch im 21. Jahrhundert stehen die Gewerkschaften und alle politischen Kräfte vor großen nationalen und internationalen Herausforderungen. Es ist in 130 Jahren viel erreicht worden und trotzdem lohnt es sich zum 1. Mai besonders darauf hinzuweisen, dass die sozialen Unterschiede in der reichen BRD größer geworden sind, Altersarmut und Leiharbeit sich verstärkt haben, Rüstungsausgaben und Steuerverschwendungen zunehmen, Demokratie kein Selbstläufer ist, es einen Nationalismus und Rassismus nicht nur unterschwellig gibt und der Weltfrieden nicht zwangsläufig stabiler geworden ist.
In Rehfelde haben wir seit Jahren mit unserem Sport-und Volksfest zum 1. Mai ein schöne Tradition gepflegt, dass Mannschaften sich im fairen sportlichen Wettkampf messen, dass die Gemeinde, Vereine und politische Parteien ihre Arbeit präsentieren und mit den Bürgerinnen und Bürgern ins Gespräch kommen und dabei das Feiern nicht vergessen - durchaus im Sinne von Kampf- und Feiertag.
Wir bedauern sehr, dass in diesem Jahr diese Maiveranstaltung aufgrund der Corona-Pandemie ausfallen musste und hoffen nächstes Jahr wieder viele Gäste an vielen Ständen begrüßen zu können.
Thomas Friedel
Bild zur Meldung: 130 JAHRE 1. MAI - Vom Kampftag zum Feiertag? - Teil 3
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