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Erinnerungen an Margit Donath (21.5.1943-19.12.2022)

15. 01. 2023

Ein außergewöhnliches Gespräch und was sich daraus ergab

 

Wir befanden uns mitten in der Auswertung von Dokumenten zur Vorbereitung des Buches „Auf dem Weg nach Berlin. Kriegstagebücher der Roten Armee berichten“. Margit Donath, Mitglied der Geschichtswerkstatt, half uns, Kontakte zu noch lebenden Zinndorfer Zeitzeugen zu knüpfen. Da blieb es nicht aus, dass sie selbst begann, aus ihrer eigenen Familiengeschichte über die Kriegs- und Nachkriegszeit zu erzählen. Ihr Vater kam als 29-Jähriger an der Ostfront ums Leben. Da war sie gerade 14 Monate alt. In der offiziellen Mitteilung, die ihre Mutter im Juli 1944 erhielt, hieß es lapidar, dass der Gatte in „Pflichterfüllung und Einsatz für Führer und Volk den Heldentod“ bei Molodylow/Ukraine gefunden hatte. Kein Wort wurde über die näheren Umstände und seinen Begräbnisort verloren.

Etwas anders stand es um Margits Wissen über ihren Großvater, der in ihrem Geburtsort Schmiedeberg/Sachsen eine geachtete Persönlichkeit war. Am 31. Mai 1945 hatte der Kreiskommandant der Roten Armee den 1897 Geborenen zum Bürgermeister des Ortes ernannt. In dieser und später in verschiedenen anderen Funktionen gab er bis zu seinem Tode 1984 all seine Kraft für die Beseitigung der faschistischen Hinterlassenschaften und den Aufbau einer besseren Gesellschaft. An die Unterhaltungen mit ihm konnte sich Margit noch gut erinnern, insbesondere daran, dass er wiederholt über die illegalen antifaschistischen Aktivitäten einer in Schmiedeberg agierenden Gruppe Gleichgesinnter sprach, der er sich angeschlossen hatte. Einzelheiten darüber blieben ihr allerdings verborgen. So beschlossen wir, den Spuren ihres Vaters und des Opas nachzugehen.

Anknüpfend an unsere Erfahrungen bei der Auswertung der Kriegstagebücher der Roten Armee gelang es, Näheres über den Verbleib von Margits Vater herauszufinden. Der Unteroffizier, dessen Bataillon der 68. Infanterie-Division angehörte, war ab dem 22. Juni 1941 in den Überfall auf die Sowjetunion eingebunden. Über Lemberg, Poltawa und Charkow gelangte er nach schweren Kämpfen im Sommer 1942 bis Woronesch am Don. Die Niederlage von Stalingrad 1943 bedeutete auch für seine Division permanente und verlustreiche Rückzugskämpfe u. a. am Oskol und westlich von Kursk. Im Januar 1944 wurde seine Einheit bei Shitomir fast völlig zerschlagen. Als die Truppen der 1. Ukrainischen Front unter Marschall Konew Mitte Juli 1944 ihre Operation auf Lwow und Sandomir begannen, geriet das Bataillon des Vaters bei Stanislaw unter schweren Artilleriebeschuss. Er selbst und die Mehrzahl seiner Soldaten kamen dabei ums Leben. Seine sterblichen Überreste konnten bislang nicht aufgefunden werden.

Erfolgreicher gestaltete sich die Suche nach Aufzeichnungen über den Großvater. Juristische Akten aus der Nazizeit sowie persönliche Unterlagen aus dem Bundesarchiv und dem Hauptstaatsarchiv Dresden rundeten das Bild über dessen Leben ab. Als 19-Jähriger musste er 1916 als Soldat in den Krieg ziehen. Von 1919 bis 1933 setzte er sich als Sozialdemokrat und Vorsitzender des Betriebs- und Arbeiterrates im Eisenwerk Schmiedeberg für die gewerkschaftlichen Interessen der Beschäftigten ein. Nach der Machtübertragung an die Faschisten am 30. Januar 1933 wurde er auf der Grundlage der „Notverordnung zum Schutz von Volk und Vaterland“ in der Nacht des 8. März 1933 als Regimegegner in „Schutzhaft“, d. h. Haft ohne Gerichtsverhandlung, genommen und in das Gefängnis Dippoldiswalde eingeliefert. Einen Tag später erfolgte seine Überführung in eines der sogenannten frühen Konzentrationslager nach Altenberg, das sich im Gefängnisgebäude des dortigen Amtsgerichtes befand und Mitte April 1933 106 Inhaftierte zählte. Die Wachmannschaften dieser als „Folterstätten“ bezeichneten Orte rekrutierten sich überwiegend aus SA- und SS-Angehörigen, die sich durch ihre Grausamkeiten auszeichneten. So wurde auch der Großvater während der drei Monaten seiner Haft von seinen Aufsehern auf die „niederträchtigste Weise behandelt und bedroht“. Noch im KZ schworen der Großvater und mehrere seiner Mitgefangenen, unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit gemeinsam gegen den Faschismus zu kämpfen. Ungebrochen schloss er sich nach seiner Entlassung 1933 der illegalen Widerstandsgruppe Schmiedeberg an. Ihre Mitglieder organisierten für die aus der Reichshauptstadt geflohenen Antifaschisten sichere Unterkünfte und spendeten ihre Lebensmittelkarten für die Untergetauchten. Als Dienstverpflichteter im Werk Glashütte half er Kriegsgefangenen und ausländischen Zwangsarbeitern. Kuriere hielten Verbindung zu Widerstandsgruppen in Berlin und Chemnitz. Hervorzuheben sind die Kontakte zur illegalen Saefkow/Jacob/Bästlein-Organisation, die an der Verbreitung von Texten aus Feldpostbriefen sowie an Sabotageakten in Betrieben und an der Sammlung von Waffen beteiligt war. Eine Verhaftungswelle im Sommer 1944 traf auch Kameraden der Schmiedeberger Gruppe.

Für Margit Donath waren der Großvater, sein Denken und Handeln stets Vorbild gewesen. Darum ist es nicht verwunderlich, dass sie sich im September 2020 auf den Weg machte, den Haftort des Opas zu besuchen, wo dieser 87 Jahre zuvor von den Nazis gequält worden war.

Geschichtswerkstatt Rehfelde e.V.

 

P.S.

Die bislang unbekannten Erkenntnisse unserer Recherchen über die Schmiedeberg-Gruppe gingen ein in die aktuellen Forschungen zum Wirken der Saefkow/Jacob/Bästlein-Organisation.

 

Portal des ehemaligen Amtsgerichts Altenberg. Foto Margit Donath

 

Bild zur Meldung: Erinnerungen an Margit Donath (21.5.1943-19.12.2022)

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